Brennstoffzellenforum Hessen 2018
„Brennstoffzellenfahrzeuge für gewerbliche und kommunale Flotten“
Die Stickoxid-Belastung in vielen Kommunen in Hessen ist nach wie vor erschreckend hoch und die laufenden Fahrverbots-Debatten verunsichern zahlreiche Flottenbetreiber. Grund genug sich nach Alternativen zum Diesel umzusehen. Sowohl im PKW- als auch im Nutzfahrzeugbereich bieten sich Brennstoffzellenfahrzeuge mit ihrer großen Reichweite und kurzen Ladezeiten an. Gleichzeitig wächst die Anzahl der verfügbaren öffentlichen Wasserstoff-Tankstellen kontinuierlich und neue Mobilitätskonzepte wie Car-Sharing und Ride-Pooling setzen vermehrt auf Elektrofahrzeuge, die mit Wasserstoff emissionsfrei angetrieben werden.
Das diesjährige Brennstoffzellenforum Hessen am 23.10. in Darmstadt griff mit dem Thema „Brennstoffzellenfahrzeuge für gewerbliche und kommunale Flotten“ die Debatte auf und traf damit das breite Interesse vieler kommunaler und gewerblicher Flottenbetreiber, die sich über die verfügbaren Fahrzeuge, die wachsende Infrastruktur und die Fördermöglichkeiten informieren wollten. Zudem wurden den 230 Teilnehmern viele Praxisbeispiele und Best Practice-Anwendungen präsentiert. Dass zugleich die symbolische Übergabe der 53. Wasserstofftankstelle in Deutschland gefeiert werden konnte, die sich unweit vom Veranstaltungsort "Darmstadtium" in Weiterstadt befindet, unterstrich die Aktualität des Themas und die dynamische Entwicklung der Wasserstoff- und Brennstoffzellenaktivitäten in Hessen.
Mit der Einrichtung eines neuen Kompetenzzentrums in Rüsselsheim gab es dazu auch positive Entwicklungen von Opel zu vermelden. Hier sollen die Brennstoffzellenaktivitäten für die gesamte PSA-Gruppe gebündelt stattfinden. Der Leiter Strategie Zukunftstechnologien, Dr. Lars Peter Thiesen, schilderte die Sicht eines OEMs auf die Mobilität mit Brennstoffzellen und fragte offen, ob die bisherige Konzentration auf Fahrzeuge in der SUV-Klasse auch künftig die richtige Ausrichtung sein wird. Er zeigte auf, dass in den vergangenen Jahren viele technologische Fragen gelöst werden konnten und aktuell besonders die weitere Kostensenkung besonders im Fokus steht. Von Seiten der Hyundai Motor Deutschland GmbH stellte Oliver Gutt, Abteilungsleiter Produktmanagement, den im Sommer 2018 in den Markt eingeführten Nexo vor, der nach dem ix35 bereits die zweite Generation von Brennstoffzellenfahrzeugen bei Hyundai darstellt. Er deutete an, dass auch im Bereich der Busse und der LKWs in Zukunft einiges von dem koreanischen Automobilbauer zu erwarten sei, denn schon in diesem Jahr fuhren bei den olympischen Winterspielen in Pyeongchang Shuttle-Busse mit diesem Antrieb, und in der Schweiz wurde gerade eine Kooperation zur Bereitstellung einer Brennstoffzellen-Lkw-Flotte von 1.000 Stück ab 2019 vereinbart.
Auch im Nutzfahrzeugbereich ist einiges in Bewegung. Lutz Tesmer, Projektmanager bei der FAUN Umwelttechnik GmbH, berichtete von einem modularen Umbau von Abfallsammelfahrzeugen und Kehrmaschinen mit Elektro-Antrieb und zusätzlichem Range Extender aus Brennstoffzellen. Er regte ein Kreislaufsystem an, bei dem aus der Müllverbrennung gewonnener Strom in Wasserstoff gewandelt wird und den Müllfahrzeugen als Kraftstoff zur Verfügung gestellt werden kann. Einen Bericht aus Anwendersicht zum Projekt „H2anau- Wasserstoff bewegt“ präsentierte Dr. Ralf Zuber von der Umicore AG & Co. KG. Seit über einem Jahr sind im Hanauer Industriepark Wolfgang sieben Elektrolieferfahrzeuge mit Brennstoffzelle als Range Extender im Einsatz, die sich seither im Alltagsbetrieb bewährt haben.
Neben den BZ-Fahrzeugen, die in den Pausen vor dem "Darmstadtium" begutachtet und Probe gefahren werden konnten, wurden auch neue Mobilitätskonzepte vorgestellt. Reinhard Westphal vom Carsharing Anbieter book-n-drive berichtete von den positiven Erfahrungen mit sieben dieser Fahrzeuge in seiner Flotte und kündigte an, dass er Anfang kommenden Jahres weitere Wasserstofffahrzeuge anschaffen wolle. Er verwies dabei auch auf die positiven Erfahrungen aus der Kooperation mit der H2BZ-Initiative Hessen, über die 2017 ein Toyota Mirai als erstes Brennstoffzellenfahrzeug überhaupt in den Pool von book-n-drive aufgenommen wurde, der sehr gut nachgefragt sei. Auf großes Interesse stieß auch der Vortrag von Maike Westerkamp, Managerin Business Development, beim Start-up CleverShuttle. Das Unternehmen bietet RidePooling mit Chauffeurservice an und setzt dabei ausschließlich auf Elektrofahrzeuge. So ist CleverShuttle aktuell der größte Flottenbetreiber von Brennstoffzellenfahrzeugen in Deutschland. Ende des Jahres ist auch der Betriebsstart in Frankfurt vorgesehen. Wie die erfolgreiche Integration von Brennstoffzellenfahrzeugen in die Unternehmensflotte gelingt, erklärte Max Nastold von der Full-Service-Leasinggesellschaft Kazenmeier.
Entscheidend für den Erfolg der Mobilität mit Brennstoffzellenfahrzeugen ist der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur. Benjamin Jödecke von der H2 Mobility übergab in einem feierlichen, symbolischen Akt die neue Wasserstofftankstelle in Weiterstadt an die in Darmstadt zuständige Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid. Er kündigte an, dass bis Ende 2019 ca. 100 Tankstellen in Betrieb genommen werden. Der weitere Ausbau, der bis 2025 400 Stationen umfassen solle, wird auch von der Entwicklung der PKW- und Nutzfahrzeuge-Anzahl abhängen, die in der jeweiligen Region Wasserstoff als Kraftstoff benötigen werden. Neben der öffentlichen Tankstellen-Infrastruktur für Wasserstoff wurden auch Entwicklungen im Bereich der Betriebstankstellen für Wasserstoff vorgestellt. Stephan Hillebrand, Geschäftsführer der sera ComPress GmbH, erläuterte hierzu die Entwicklung eines modularen Systems, welches flexibel an jeweils benötigte Druckniveaus und Betankungszeiten angepasst werden kann. Die Basis hierfür ist ein bereits entwickelter neuartiger Kolbenkompressor, der ab nächstem Jahr verfügbar sein wird. Einsatzmöglichkeiten bieten sich z.B. für Bus- und Lieferfahrzeugdepots sowie zur Wasserstoffversorgung für Züge und in der Intralogistik an.
In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde anhand konkreter Beispiele erörtert, wie Unternehmen und Kommunen den Einstieg in die Elektromobilität mit Wasserstoff finden können. So berichtete Gunter Gärtner von der H2-Initiative Bad Homburg, dass er in seiner Stadt 70 Willensbekundungen zum Kauf von Brennstoffzellenfahrzeugen eingesammelt hat, und damit die H2 Mobility überzeugen konnte, eine Wasserstofftankstelle in Bad Homburg zu errichten. Dr. Thomas Nietsch von der ABO Wind AG berichtete von seinem Vorhaben, an einem Windpark in Nordhessen einen Elektrolyseur zur Erzeugung von grünem Wasserstoff für eine Tankstelle in Kirchheim zu installieren. Christian Winzenhöler hat als erster Busbetreiber Hessens vier Brennstoffzellenbusse in seine Flotte integriert, die seit über einem Jahr im Werkslinienverkehr des Industrieparks Frankfurt-Höchst verkehren. Jürgen Schmidt hat nicht nur einen Hyundai ix35 FC für die Überlandwerke Groß-Gerau, dessen Geschäftsführer er ist, angeschafft, sondern engagiert sich auch bei der Umstellung der kommunalen Busflotte in Groß-Gerau auf Brennstoffzellenbusse in den nächsten Jahren.
All diese Beispiele machen klar: Wer auf nachhaltige und saubere Mobilität setzt, kann hier und heute anfangen. Der Wasserstoff ist vorhanden, die Fahrzeuge sind erhältlich und es gibt eine öffentliche Förderung. Wir müssen nur beginnen.
Autor:
Ulrich Walter (www.ulrich-walter.de)
Redaktion und Pressekontakt:
Oliver Eich und Alina Riepshoff
LandesEnergieAgentur Hessen
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